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Montag, 4. November 2013

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Umlagefähigkeit der Beseitigungskosten für ein Wespennest und der Hausmeisterkosten

Umlage nach Wohnfläche und ca.-Angaben der Flächen

Im vorliegenden Fall sah eine Gemeinschaftsordnung vor, gemeinschaftliche Kosten nach der "jeweiligen Wohnfläche" umzulegen. Die Flächen der einzelnen Einheiten waren mit ca.-Werten angegeben und wichen in der Summe von der angegebene Gesamtfläche ab.
 
Ein solcher Kostenverteilungsschlüssel ist unklar, da zu unbestimmt und aufgrund der unterschiedlichen Werte unbestimmbar und somit nichtig.
 
Den Eigentümern steht es auch nicht frei, die derart unbestimmte Klausel durch einen Beschluss nach § 16 Abs. 3 WEG zu konkretisieren.

Daher waren die Kosten vorliegend mangels wirksamer anderweitiger Vereinbarung nach Miteigentumsanteilen zu verteilen (§ 16 Abs. 1 und 2 WEG).
 
Die angefochtenen Beschlüsse waren für ungültig zu erklären.

AG Charlottenburg, 17.5.2013 - Az: 73 C 156/12
 
Quelle: AnwaltOnline

Minderung wegen nachträglicher Wohnungsverschattung

Im vorliegenden Fall wurde eine Wohnung nachträglich verschattet, weil es zu einem Anbau eines Balkons (7m x 1,50m) bei der darüber befindlichen Wohnung gekommen war, u.a. weil der Balkonboden sich unmittelbar oberhalb der Fenster der Wohnung befand.

Der Balkon stellt einen Mangel dar, der den Wohnwert erheblich beeinträchtigte, da nun Küche, Bad und ein kleines Zimmer verschattet wurden, der Lichteinfall war nicht ganz unerheblich beeinträchtigt worden.

Schwerer wog aber der Umstand, dass der tiefe Balkon den Blick aus den betroffenen Zimmern nun tunnelartig und nach oben eingeschränkt war und den Zimmern einen höhlenartigen Charakter gab.
Daher war eine Minderung von 10% nach Ansicht des Gerichts angemessen.

AG Hamburg-Wandsbek, 8.2.2002 - Az: 716A C 265/01
 
Quelle. AnwaltOnline

Videoüberwachung im Mietshaus

Sofern seitens des Vermieters eine Videoüberwachungsanlage am Wohnhaus installiert werden soll, so ist hierfür die Zustimmung aller Mieter erforderlich.
 
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Mieter umfasst auch die Freiheit vor unerwünschter Überwachung. Es kann dem Mieter nicht zugemutet werden, dass der Vermieter feststellen kann, wann ein Mieter das Haus betritt und verlässt, welchen Besuch er bekommt und wie lange dieser bleibt. Das Sicherheitsbedürfnis anderer Mieter ist hierbei unbeachtlich.

Ohne die entsprechende Zustimmung kann also ein betroffener Mieter die Entfernung der Anlage verlangen.

AG Berlin-Schöneberg, 8.6.2012 - Az: 19 C 166/12
 
Quelle: AnwaltOnline

Mittwoch, 18. September 2013

Mängelrüge per Email?

Ohne elektronische Signatur nicht gültig !


Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (§ 13 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B) sieht vor, dass der Auftragnehmer verpflichtet ist, alle Mängel, die auf vertragswidrige Leistung zurückzuführen sind und innerhalb der Verjährungsfrist auftreten, auf seine Kosten zu beseitigen. Der Auftraggeber muß dies vor Ablauf der Frist schriftlich verlangen.

Was genau bedeutet „schriftlich“?



Das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (Urteil vom 30.04.2012, Aktenzeichen 4 U 269/11) fällt zu diesem Thema deutlich aus: Weder eine E-Mail noch ein Telefax, erfüllen die Schriftform im Sinne des Gesetzes. Es sei denn, beim Versand der elektronischen Dokumente werden bestimmte Anforderungen eingehalten.




Die qualifizierte elektronische Signatur

Geregelt sind die Vorgaben zur Einhaltung der Schriftform – auch für den VOB/B-Vertrag – in § 126 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Demnach muss das Schriftstück vom Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigtem Handzeichen unterzeichnet werden. Die schriftliche Form kann laut § 126 Abs. 3 BGB auch durch die elektronische Form ersetzt werden: allerdings sind die elektronischen Dokumente nur dann rechtsgültig, wenn sie mit einer sogenannten qualifizierten elektronischen Signatur unterzeichnet sind.

Diese ist in § 126 a BGB geregelt. Danach muss der Absender der Aufforderung seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen. Wird also eine E-Mail oder ein Telefax ohne qualifizierte elektronische Signatur versendet, so wird das Dokument dem Schriftformerfordernis nach § 126a BGB nicht gerecht.

Sollte es daher in der Praxis wirklich auf den Zeitpunkt der Zustellung des Mängelrügeschreibens ankommen, so ist zwingend darauf zu achten, dass dieses tatsächlich im Original und mit vertretungsberechtigter Unterschrift oder aber in elektronischer Form mit qualifizierter Signatur zugestellt worden ist.


Für weiterführende Informationen nehmen Sie bitte direkt Kontakt mit Herrn Markus Cosler auf, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Lehrbeauftragter für Baurecht an der FH Hannover.
 
Markus Cosler Rechtsanwalt - Telefon 0241-946 68-0 

 
Quelle: VHV - Versicherungen 

Donnerstag, 1. August 2013

Internet statt Parabolantenne!

Ausländische Mieter haben keinen Anspruch auf Installation einer Parabolantenne, da sie ihr Informationsbedürfnis durch das Internet befriedigen können. Daher wurde im vorliegenden Fall einem griechischen Mieter die Anbringung einer Satellitenschüssel zu Recht verweigert.

Donnerstag, 11. Juli 2013

BGH interpretiert einfachen Zeitmietvertrag als Kündigungsverzicht

(dmb) „Die Entscheidung ist gut und wichtig. Zu Recht orientiert sich der Bundesgerichtshof an dem, was Mieter und Vermieter bei Abschluss des Mietvertrages tatsächlich gewollt hatten – eine feste Mietzeit, in der Kündigungen ausgeschlossen sein sollten“, kommentierte Lukas kommentierte der Direktor des Deutschen Mieterbundes (DMB), Lukas Siebenkotten, die heutige Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH VIII ZR 388/12). „Da ist es folgerichtig, dass die Karlsruher Richter die Eigenbedarfskündigung und Räumungsklage des Vermieters abwiesen.“

Mieter und Vermieter hatten bei Abschluss des Mietvertrages im Jahr 2004 vereinbart, dass das Mietverhältnis auf Verlangen des Mieters auf bestimmte Zeit geschlossen wird, bis zum 31. Oktober 2011 mit der Möglichkeit einer zweimal dreijährigen Verlängerungsoption. Der Vermieter kündigte wegen Eigenbedarfs und berief sich auf die Unwirksamkeit der mietvertraglichen Vereinbarung. Tatsächlich können seit 2001 Mieter und Vermieter keine einfachen Zeitmietverträge mehr abschließen. Derartige Verträge gelten grundsätzlich als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.

Konsequenz ist dann, dass die Vertragsparteien den als Zeitmietvertrag gedachten Mietvertrag unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen immer kündigen können.

Siebenkotten: „Gut, dass sich der Bundesgerichtshof am Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung orientiert und den einfachen Zeitmietvertrag als einen Kündigungsverzicht interpretiert.“

Quelle | Weiterführende Informationen
http://mieterbund.de üder www.kon-ii.de

Montag, 3. Juni 2013

grillen + recht



Sommerzeit ist Grillzeit - ob im Garten oder auf dem Balkon, dem Grill können nur wenige widerstehen. Dem steht grundsätzlich auch wenig entgegen - Balkon, Garten oder Terrasse dürfen durchaus zum Grillen benutzt werden. Es sind jedoch vielfältige Einschränkungen zu beachten, da die mit dem Grillen verbundenen Immissionen nicht unbedingt jedermanns Sache sind und gerade in der Sommerzeit viele Türen und Fenster auch abends offen stehen.

Übertreiben darf man es mit dem Rauch und Qualm ohnehin nicht - zieht Qualm konzentriert in die Wohnung und Schlafräume der Nachbarn, so ist dies schon nach dem Immissionsschutzgesetz nicht gestattet. Es liegt in solchen Fällen eine Ordnungswidrigkeit vor, die mit Geldbuße geahndet wird. Selbstverständlich ist auch das Grillen abzubrechen (OLG Düsseldorf - Az: 5 Ss [OWi] 149/95 - [OWi] 79/95 I). Die Grenze liegt grundsätzlich dort, wo andere Bewohner oder Nachbarn belästigt werden.

Gleichsam ist Grillen kein außergewöhnliches Verhalten, sondern vielmehr eine gebräuchliche Art der Nahrungszubereitung. Grillen kann daher nicht grundsätzlich verboten oder unterbunden werden. Das Grillen muss aber auch nicht vorher in der Nachbarschaft angekündigt werden. Es gilt aber das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Bei einer unwesentlichen Belästigung der Nachbarn ist das Grillen von diesen hinzunehmen.

Damit das Grillvergnügen nicht getrübt wird, sollte daher die Rauchentwicklung im Auge behalten und auch auf einen geeigneten Abstand zu den Nachbarn geachtet werden. Kontrolliertes Grillen ist i.d.R. von den Nachbarn zu tolerieren und wird im Streitfall auch oftmals gerichtlich "abgesegnet". Grundsätzlich ist der naturgemäß immissionsärmere Elektrogrill eher akzeptabel als ein Holzkohlegrill. Als zusätzlichen Schutz vor Ärger und Rauchentwicklung kann das Grillgut in Aluminiumfolie gewickelt werden.

Zum Dauerereignis darf Grillen jedoch nicht werden - die Gerichte haben hier unterschiedliche Standards angesetzt: Das AG Bonn ist der Ansicht, dass zwischen April und September einmal monatlich auf Balkon oder Terrasse gegrillt werden darf. Die Nachbarn sind 48 Stunden vorab zu informieren (AG Bonn - Az: 6 C 545/96). Das LG Stuttgart gestattet weniger Grillvergnügen - nur sechs Stunden oder drei Grillabenden im Jahr sind erlaubt (LG Stuttgart - Az: 10 T 359/96). Geringfügige Geruchs- und Rauchentwicklung ist hierbei von den Nachbarn hinzunehmen.

Das Bayerische Oberste Landesgericht hat die Grenze bei fünf Grillereignissen gesetzt (BayObLG - Az: 2 Z BR 6/99). Das LG München I ist der Ansicht, dass weder ein generelles Grillverbot noch eine generelle Grillerlaubnis zulässig ist. Grundsätzlich ist gelegentliches Grillen in der Sommerzeit zu dulden, die Grenze ist dann zu ziehen, wenn wesentliche Beeinträchtigungen entstehen. In diesem Fall kommt sogar ein Grillverbot in Betracht (LG München I, 12.1.2004 - Az: I 15 S 22735/03, OLG Düsseldorf, 26.5.1995 - Az: 5 Ss (OWi) 149/95 - (OWi) 79/95 I).

Die Rechtssprechung ist also nicht einheitlich - bewegt sich ein Grillfreund innerhalb der oben aufgeführten Grenzen, kann man indes relativ sicher sein, dass ein Gericht dem Vergnügen vermutlich keinen Riegel vorschieben wird. Je weniger eine Beeinträchtigung objektiv vorliegt, desto weniger Probleme gibt es. Daher kommt dem Ort des Grills einiges an Bedeutung zu. Im Garten ist grillen eher als auf einer Terrasse zu tolerieren. Am strengsten dürfte der Maßstab beim Balkon liegen. Zieht Qualm vom Balkon in eine Nachbarwohnung kann dies sogar eine Geldbuße zur Folge haben (s.o.). Es ist übrigens durchaus zulässig, dass im Mietvertrag ein Grillverbot für den Balkon aufgenommen wird. Die Folge: Auf dem Balkon bleibt der Grill dauerhaft kalt (LG Essen - Az: 10 S 438/01).

Wohnungseigentümern kann das Grillen mit Holzkohle im Garten nicht grundsätzlich verboten werden. Das Bayerische Oberste Landesgericht gestattete das Grillen fünf mal jährlich (BayObLG - Az: 2 Z BR 6/99), das Landgericht Aachen gestattete das Grillen zwei mal monatlich im hinteren Gartenteil zwischen 17 und 22:30 Uhr, danach muss die Grillkohle ausglühen (LG Aachen - Az: 6 S 2/02).

Auch wenn es nur indirekt mit dem Grillen an sich zu tun hat: Auch bei der Anzahl der Grillgäste und dem sich ergebenden Lärmpegel sollte auf einen für die Nachbarschaft unbedenklichen Level, der auch immissionsschutzrechtlich unbedenklich sein sollte, geachtet werden. Insbesondere ist zu beachten, dass ab 22:00 die Nachtzeit beginnt. So hat das LG Oldenburg entschieden, dass grillen vier mal im Jahr ist bis 24.00 Uhr als sozialadäquat anzusehen ist, ansonsten nach 22.00 Uhr Gerüche und Geräusche, die von nächtlichem Grillen im Garten herrühren nicht hingenommen werden müssen (OLG Oldenburg, 29.7.2002 - Az.: 13 U 53/02 - grillen_003.asp).

Kommt es in einem solchen Streitfall trotz aller Vorsicht zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung, so wird ein mit der Sache befasstes Gericht vermutlich einen Kompromiss zwischen den Parteien suchen. Ein wenig Rücksicht und Toleranz wird seitens des Gerichts von beiden Seiten erwartet.

Urteile zum Thema Grillen -

80% Minderung bei Rattenbefall!



Rattenbefall in einer Mietwohnung und die einhergehenden Maßnahmen zur Schädlingsbekämpfung berechtigen den betroffenen Mieter zu einer Minderung um 80%, da die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung hierdurch erheblich beeinträchtigt ist.

Im der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall war es im November 2011 zu einem Rattenbefall gekommen. Im Dezember wurden durch eine Schädlingsbekämpfungsfirma entsprechende Maßnahmen in der Mietwohnung durchgeführt. Die betroffenen Mieter minderten ab Dezember die Miete vollständig und kündigten die Wohnung fristlos. Der Auszug fand im April
2012 statt. Der Vermieter wollte die Mietminderung jedoch nicht akzeptieren, weil er die Ursache des Befalls im Verhalten der Mieter sah. Die Sache landete somit vor Gericht.

Das zuständige Amtsgericht befand, dass die betroffenen Mieter zumindest für Dezember 2011 eine Minderung in Höhe von 80 % ansetzen durften, da die Wohnung in diesem Zeitraum erheblich in ihrer Gebrauchstauglichkeit eingeschränkt war. Dies ist auch dann der Fall, wenn ein konkreter Rattenbefall für die fragliche Zeit nicht nachweisbar war, weil die Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen für sich bereits eine erhebliche Beeinträchtigung darstellten. Es wurden Köder in der Wohnung ausgelegt, Spurenstaub aufgebracht sowie Küche, Wohnzimmer und Arbeitszimmer verschlossen, so dass diese Räume nicht genutzt werden konnten.

Die Darstellung des Vermieters, dass die Ratten aufgrund des Verhaltens der Mieter die Wohnung gelangten, konnte die Beweisaufnahme nicht untermauern. Es ist zwar möglich, dass Ratten durch die geöffnete Terrassentür in die Wohnung gelangten. Dies gehört jedoch zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietwohnung und kann den Mietern nicht zur Last gelegt werden.

Da ab Januar 2012 weder ein Rattenbefall vorlag noch weitere Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen durchgeführt wurden, bestand ab diesem Zeitpunkt auch kein Minderungsrecht mir.

AG Dülmen, 15.11.2012 - Az: 3 C 128/12

Mietminderungen in %



Im vorliegenden Fall ging es um eine Minderung einer Mieterin, die der Vermieter als nicht berechtigt ansah und daher auf Zahlung der ausstehenden Miete klagte.

Hierzu wurde zunächst festgestellt, dass das Mietminderungsrecht nicht ausgeschlossen war, weil der Hinweis erfolgte, dass Bauarbeiten im Haus stattfinden und der mietvertraglichen Zusatz aufgenommen wurde, dass die Wohnung in einem ordnungsgemäßen Zustand übergeben wurde. Vertragliche Vereinbarungen, die ein Mietminderungsrecht ausschließen, sind unwirksam.

Des weiteren wurden sodann Minderungsquoten für die folgenden Mängel festgelegt:

- Bauarbeiten außerhalb der Wohnung (Lärm- und schmutzintensiv, jedoch nur zeitweise und mit wechselnder Intensität): 15 %
- Bauarbeiten innerhalb der Wohnung (u.a. Auffräsen von Wänden zurLeitungs- und Rohrverlegung): 10 %
- Bordell im Haus: 10 % (gerechtfertigt alleine aus dem Vorhandensein des Bordells)
- Bad verkeimt und verkalkt (hauptsächlich ästhetischer Mangel): 5 %
- Badfußboden mit Loch: 2 %
- Geruchsbelästigung im Bad: 2 %
- Verkalkte Toilette (optischer Mangel): 1 %
- Wohnzimmerdecke mit Rissen (optischer Mangel): 0,5 %
- Teilweise lose Tapete im Flur (wegen Wasserschaden; optischer Mangel):0,5 %
- Lose Steckdose (Küche): 0,5 %

LG Berlin, 13.1.2004 - Az: 64 S 334/03

Mittwoch, 8. Mai 2013

Brandschutz in bestehenden Gebäuden





In letzter Zeit wurde vermehrt die Frage gestellt, welche – und in welchem Umfang – Brandschutzanforderungen bei Maßnahmen in bestehenden Gebäuden gelten. Wir nehmen dies zum Anlass für nachfolgende Hinweise:

1. Bestandsschutz

1.1 Bestandsgeschützt ist eine bauliche Anlage, wenn sie genehmigt und genehmigungs-konform errichtet worden ist ("formeller Bestandsschutz")

oder

wenn sie zum Zeitpunkt ihrer Errichtung dem geltenden Recht entsprochen hat ("materieller Bestandsschutz") und danach jeweils nicht rechtswidrig geändert worden ist. Bestands-geschützt ist die bauliche Anlage unabhängig von ihrer formell und/oder materiell recht-mäßigen oder rechtswidrigen Errichtung auch, wenn sie zum Zeitpunkt der bauaufsichtlichen Beurteilung (z. B. der Entscheidung über einen Bauantrag oder über bauaufsichtliche Maßnahmen) dem dann geltenden materiellen Recht entspricht.

Unter diesen Voraussetzungen gilt der Bestandsschutz sowohl für das der Planung zugrunde liegende "Brandschutzkonzept" als auch für einzelne Bauteile/Bauprodukte.

1.2 Ist eine bauliche Anlage bestandsgeschützt, können Anforderungen (nur) gestellt werden, wenn (und soweit) das zur Abwehr erheblicher Gefahren für Leben und Gesundheit notwendig ist (Art. 54 Abs. 4 BayBO).

Für die Feststellung, dass eine erhebliche Gefahr vorliegt, wird es immer einer Beurteilung der konkreten Situation vor Ort bedürfen.

Beispielhaft ist von einer erheblichen Gefahr in Bezug auf den Brandschutz unter anderem dann auszugehen, wenn die nach Art. 31 Abs. 1 BayBO für Nutzungseinheiten mit Aufent-haltsräumen regelmäßig geforderten zwei unabhängigen Rettungswege überhaupt nicht vorhanden sind oder wenn nur ein Rettungsweg vorhanden und mit Mängeln behaftet ist, die im Brandfall mit hinreichend großer Wahrscheinlichkeit zur vorzeitigen Unbenutzbarkeit führen.

Eine erhebliche Gefahr in diesem Sinn entsteht nicht bereits allein dadurch, dass sich ge-setzliche Vorschriften im Laufe der Zeit ändern (vgl. auch HessVGH, Beschl. v. 18.10.1999 – 4 TG 3007/97). Ist eine bauliche Anlage bestandsgeschützt, so ist daher eine fortwährende Nachrüstung immer auf den Stand der aktuell geltenden Vorschriften bauordnungsrechtlich nicht veranlasst.

1.3  Der Bestandsschutz endet, wenn Verhältnisse geschaffen werden, die durch die Bau-genehmigung (einschließlich der genehmigten Bauvorlagen) nicht abgedeckt und auch nach den nach den unter 1.1 dargestellten Grundsätzen jeweils zugrunde zu legenden Vor-schriften nicht zulässig sind. Ein solcher Verlust des Bestandsschutzes kann sowohl durch bauliche Maßnahmen bewirkt werden (z. B. unsachgemäße Verlegung von Kabeln oder Leitungen durch Wände und Decken mit der Folge, dass die Feuerwiderstandsfähigkeit dieser Bauteile beeinträchtigt wird; Beeinträchtigung der Rettungswege durch nachträglichen Einbau von Zwischenwänden, Zugangskontrollen etc.) als auch durch betrieblich/organi-satorische, die Nutzung betreffende Änderungen (z. B. Einrichtung von Aufenthaltsräumen im Keller, ohne dass die dafür erforderlichen Rettungswege vorhanden wären, (drastische) Erhöhung der Personenzahl, ohne dass die bestehenden Rettungswegbreiten darauf ausgelegt wären, Änderung der Außenanlagen und damit ggf. auch der erforderlichen Flächen für die Feuerwehr.

Vor diesem Hintergrund ist darauf hinzuweisen, dass die bauordnungsrechtliche Grund-anforderung des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BayBO, deren generalklauselartige Ausformung in Bezug auf den Brandschutz in Art. 12 BayBO durch die materiellen Anforderungen der Art. 24 – 44 BayBO konkretisiert wird, sich nicht nur auf die Anordnung, Errichtung und Änderung baulicher Anlagen bezieht, sondern auch (und in Satz 2 nochmals ausdrücklich) auf deren Instandhaltung.

2. Änderung im Bestand (Umbau, Nutzungsänderung)

2.1 Bei Umbauten oder Nutzungsänderungen in bestehenden Gebäuden sind die geltenden bauordnungsrechtlichen Anforderungen zu beachten. Sie beziehen sich dann auf die jeweils beabsichtigte Maßnahme, soweit sich diese abgrenzen lässt, nicht aber von vorneherein regelmäßig auch auf Bereiche, die von der Maßnahme nicht berührt werden oder gar auf das ganze Gebäude.

2.2 Können bei der beabsichtigten Maßnahme bestimmte Anforderungen aufgrund der Qualität des Bestands nicht eingehalten werden (z. B. aus Gründen des Denkmal-schutzes oder wenn der eigentlich erforderliche Anschluss neu zu errichtender feuer-widerstandsfähiger Wände/Decken an Bauteile mindestens gleicher Feuerwider-standsfähigkeit nicht möglich ist, weil die bestehenden Bauteile die erforderliche Feuerwiderstandsfähigkeit nach den aktuellen Fassungen der einschlägigen technischen Regeln nicht [mehr] aufweisen), ist unter Berücksichtigung der konkreten Umstände zu prüfen, ob eine Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO zugelassen werden kann; auch bei Brandschutzvorschriften ist die Zulassung von Abweichungen nicht generell ausgeschlossen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 03.08.2000 Az. 25 ZB 98.2263 zu bereits im Bestand nicht eingehaltenen Brandschutz-abständen). Ohne der dazu erforderlichen Einzelfallbetrachtung vorzugreifen, lässt sich doch feststellen, dass in den genannten Fällen eine Abweichung in der Regel dann vertretbar sein wird, wenn und soweit durch die beabsichtigte Maßnahme keine grundlegenden, die Genehmigungsfrage neu aufwerfenden Belange berührt werden (z. B. bei der Sanierung oder dem Austausch von Bauteilen oder wenn lediglich die Raumkonfiguration geändert werden soll).

2.3  Auch bei bloßen Nutzungsänderungen (ohne Eingriffe in den baulichen Bestand) ist vom Bauherrn bzw. Entwurfsverfasser zu prüfen, ob und inwieweit dadurch die Genehmigungsfrage neu aufgeworfen wird, wobei sich je nach Fallgestaltung auch eine getrennte Betrachtung im Hinblick auf die Standsicherheit (abgesehen von der Feuerwiderstandsfähigkeit der tragenden und aussteifenden Bauteile) und den Brandschutz ergeben kann: So werden z. B. bei der Änderung einer Büro-Nutzungseinheit in eine Einrichtung mit Schulräumen in der Regel sowohl Belange der Standsicherheit, als auch des
Brandschutzes (hier insbesondere im Hinblick auf die Frage der Rettungswegführung) berührt sein. Dagegen werden sich bei der Änderung einer (üblichen) Wohnung in ein Büro in der Regel keine den Brandschutz grundlegend berührenden anderen Belange ergeben, es wird jedoch für die Decke, auf der sich die Nutzung ändert, ein anderer Lastansatz vorzunehmen sein.

2.4 Bei einer wesentlichen, die Genehmigungsfrage neu aufwerfenden Änderung eines bestehenden Gebäudes, die sich aber innerhalb des Gebäudes auf einen bestimmten abgrenzbaren Bereich beschränkt, ist eine Anpassung des gesamten Bestands an die geltende Rechtslage regelmäßig nicht vorgeschrieben. Nach Art. 54 Abs. 5 BayBO kann verlangt werden, dass auch von der Änderung nicht berührte Teile mit den geltenden Vorschriften in Einklang gebracht werden, wenn das aus Gründen des Art. 3 Abs. 1 BayBO erforderlich und dem Bauherrn wirtschaftlich zumutbar ist und diese Teile mit den Teilen, die geändert werden sollen, in konstruktivem Zusammenhang stehen oder unmittelbar mit ihnen verbunden sind.

2.5  Eine in diesem Zusammenhang häufig auftretende Frage betrifft die Nachrüstung von Türen in den Wänden eines notwendigen Treppenraums, wenn in einem bestehenden Wohngebäude das Dachgeschoss ausgebaut werden soll. Hier besteht in der Regel zwischen den Teilen, die geändert werden sollen (z. B. neu zu errichtenden Wänden oder Türen im Dachgeschoss) und den von der Änderung nicht berührten Teilen (hier den Eingangstüren bestehender Wohnungen in den darunter liegenden Geschossen) weder eine unmittelbare (bauliche) Verbindung noch ein konstruktiver Zusammenhang. Ferner fordert Art. 54 Abs. 5 BayBO, dass die Maßnahmen aus Gründen des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BayBO erforderlich sind, der bestehende Zustand also – unabhängig von ihrer speziellen Konkretisierung in der BayBO – bauordnungsrechtlichen Grundanforderungen widerspricht. Rechtsgrundlage für eine Anordnung, die gezielt und ausschließlich auf die Abwehr einer auf einem Verstoß gegen Art. 24 ff. BayBO beruhenden Brandgefahr ausgerichtet ist, ist vielmehr die spezialgesetzlich vorgehende Vorschrift des Art. 54 Abs. 4 BayBO, für deren Anwendung aber das Vorliegen einer erheblichen Gefahr vorausgesetzt ist.

2.6  Umgekehrt besteht auch keine Veranlassung, die von der Änderung nicht berührten Teile eines Gebäudes, die möglicherweise mit den geltenden bauordnungsrechtlichen Anforderungen nicht in Einklang stehen, an die dieses Verlangen aber, wie oben ausgeführt, bauordnungsrechtlich nicht gestellt wird, durch eine Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 BayBO nachträglich bzw. erneut zu legalisieren.

3. Brandschutznachweis als Bauvorlage

3.1  Nach Art. 62 Abs. 1 Satz 1 BayBO ist bei nicht verfahrensfreien Bauvorhaben (auch in bestehenden Gebäuden) die Einhaltung der Anforderungen auch an den Brandschutz nachzuweisen.

Bei Bauvorhaben unterhalb der Sonderbautenschwelle wird sich dies in der Regel auf die in § 11 Abs. 1 Bauvorlagenverordnung (BauVorlV) thematisch zusammengefassten Grundanforderungen der BayBO selbst sowie ggf. einschlägige Konkretisierungen durch eingeführte Technische Baubestimmungen beschränken.

Bei Sonderbauten können, je nach Fallgestaltung, auch Angaben über die Erfüllung weitergehender Anforderungen (ggf. aus einer Sonderbauverordnung) erforderlich sein, die in § 11 Abs. 2 BauVorlV zusammen-gefasst sind.

In beiden Fällen sind Gegenstand des Brandschutznachweises (nur) die Darstellung der bauordnungsrechtlichen Anforderungen und der Nachweis, dass diese eingehalten sind bzw. – bei Abweichungen – dass die Einhaltung bestimmter Anforderungen im konkreten Fall nicht erforderlich oder in geeigneter Weise kompensiert ist.

3.2  Davon zu unterscheiden sind brandschutztechnische Gutachten oder Stellungnahmen zu bestehenden Gebäuden. Diese können neben einer Bewertung des vorgefundenen Bestands auch Vorschläge zur Optimierung des Brandschutzes enthalten, die auch sinnvoll oder wünschenswert sein mögen, die aber bauordnungsrechtlich nicht vorgeschrieben sind. Wird ein Gutachten dieser Art im Zusammenhang mit einer genehmigungsbedürftigen Baumaßnahme als Brandschutznachweis vorgelegt, muss die Bauaufsichtsbehörde bzw. der Prüfsachverständige für Brandschutz davon ausgehen, dass der Bauherr die darin vorgesehenen Maßnahmen aus guten Gründen (z. B. Sachschutz, Minimierung des Betriebsausfallrisikos) umsetzen will, und hat dann zu prüfen, ob die bauordnungsrechtlichen Anforderungen eingehalten, nicht aber, ob sie möglicherweise "übererfüllt" sind oder ob die Maßnahmen wirtschaftlich sinnvoll sind. Im Rahmen der verfahrensmäßigen Behandlung eines Brandschutznachweises ist es nicht Aufgabe der Bauaufsichtsbehörde bzw. des Prüfsachverständigen, den vorgelegten Nachweis auf das bauordnungsrechtlich verlangte Mindestniveau "herunterzukorrigieren". Bei Fragen nach Inhalt und Umfang diese Mindestniveaus für ein konkretes Bauvorhaben können die Bauaufsichtsbehörden allenfalls im Rahmen einer Bauberatung vor Antragstellung Hilfestellung leisten, soweit es sich mit ihrer Funktion als Prüfinstanz vereinbaren lässt. Letztlich ist es aber Sache des Auftraggebers, zu bestimmen (und bei Erteilung des Auftrags möglichst genau zu beschreiben), was Gegenstand und Zweck der beauftragten Leistung sein soll.


Quelle: Simet (Ministerialdirigentin)


Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern