(21.12.2012) „Die Steigerung der Energieeffizienz ist eine wichtige Aufgabe zur
Sicherung der zukünftigen Energieversorgung. Seit der Einführung des
Energieeinsparungsgesetzes im Jahre 1976 folgen in immer kürzeren Abständen neue
Verordnungen, die die energetischen Anforderungen an Bauwerke verschärfen“,
konstatiert Rechtsanwalt Philip Pürthner, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft für
Bau- und Immobilienrecht (ARGE Baurecht) im Deutschen Anwaltverein (DAV). „Bei
der Sanierung bestehender Gebäude stoßen nun aber immer mehr Menschen an
Grenzen, und zwar im buchstäblichen Sinne, wenn nämlich ihre Außenwanddämmung
über die Grundstücksgrenze hinausragt.“
Gerade im Bestand, in Innenstädten und alten Ortskernen, stehen
Häuser in der Regel auf der Grundstücksgrenze. Wird die Hauswand
gedämmt, ragt sie zwangsläufig auf das Grundstück des Anrainers.
Muss dieser den Überbau dulden? „Bei restriktiver Auslegung der
gesetzlichen Vorschriften darf dies nur mit Zustimmung des
Nachbareigentümers geschehen“, erläutert Philip Pürthner. „Dem
Wunsch nach Verbesserung der energetischen Qualität steht der
individuelle Eigentumsschutz des Nachbarn nach
Art. 14 Grundgesetz gegenüber. Dieses Konfliktpotential und
das sich hieraus ergebende Spannungsfeld haben zwischenzeitlich
verschiedene Länder durch Einführung entsprechender
nachbarrechtlicher Regelungen zu lösen versucht.“
Demnach ist der Nachbar unter bestimmten Voraussetzungen
verpflichtet, eine vom Nachbargrundstück auf sein Grundstück
übergreifende Wärmedämmung zu dulden. „Allerdings nur, wenn er
dadurch lediglich geringfügig beeinträchtigt wird und eine
vergleichbare alternative Wärmedämmung nicht mit vertretbarem
Aufwand zu erzielen ist“, führt der Wiesbadener Fachanwalt für Bau
und Architektenrecht aus. „Entsprechende nachbarrechtliche
Regelungen existieren bereits in Bayern, Hessen,
Nordrhein-Westfalen, Berlin und Bremen.“
Aber auch in diesen Bundesländern müssen die Bestimmungen exakt
beachtet und der Einzelfall geprüft werden, rät der Experte und
zitiert ein Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt (OLG Frankfurt
vom 26.09.2012 Az: 19 U 110/12 (vorhergehend LG Gießen, 07.03.2012
– Az: 2 O 481/10). In diesem Fall hatte die geplante Wärmedämmung
die Anforderungen der Energieeinsparverordnung überstiegen. Die
Dämmschicht wäre dicker ausgefallen als vorgeschrieben und hätte
weiter über die Grundstücksgrenze hinausgeragt als nötig. Diese
Beeinträchtigung musste der Nachbar nicht hinnehmen. Das
Oberlandesgericht stützte sich bei seinem Urteil auch auf die
Gesetzesbegründung zu § 10a Abs. 1, Nr. 1 im Hessischen
Nachbarrechtsgesetz.
„Die energetische Sanierung bleibt also ein heißes Eisen.
Hausbesitzer und Architekten müssen sorgfältig planen, sonst
scheitern sie am nachbarlichen Einspruch. Das in Artikel 14 des
Grundgesetzes geschützte Eigentumsrecht ist als Grundrecht von
überragender Bedeutung und wird als solches in der Rechtsprechung
auch entsprechend gewürdigt.“
.. und Bayern hat hier seine Hausaufgaben gemacht (ab 01.01.2012):
Neuregelungen im Bayerischen Nachbarrecht zum Überbau durch Wärmedämmung und zum Hammerschlags- u. Leiterrecht. Mit Wirkung zum 01.01.2012 wurden die in den Art. 43 ff des Bayerischen AGBGB niedergelegten privatrechtlichen Vorschriften des Nachbarrechts durch zwei wesentliche Neuregelungen ergänzt.
Art. 46a ABGBG (Bayern) enthält nunmehr eine Bestimmung, wonach der Nachbar den Überbau der Grundstücksgrenze durch Wärmedämmungsmaßnahmen dulden muss,
Die Absicht, das Hammerschlags- und Leiterrecht auszuüben, sowie Art und Dauer der Arbeiten sind mindestens einen Monat vor deren Beginn dem Eigentümer und Nutzungsberechtigten des betroffenen Grundstücks von dem die Arbeiten veranlassenden Eigentümer oder Nutzungsberechtigten anzuzeigen.Ein Schaden, der bei der Ausübung der obigen Rechte nach dem Eigentümer oder Nutzungsberechtigten des betroffenen Grundstücks entsteht, ist zu ersetzen.
Auf Verlangen ist Sicherheit in Höhe des voraussichtlichen Schadensbetrags zu leisten.Wird das Nachbargrundstück länger als eine Woche benutzt, ist für die gesamte Zeit der Benutzung eine Entschädigung in Höhe der ortsüblichen Miete für einen dem benutzten Grundstücksteil vergleichbaren gewerblichen Lagerplatz zu zahlen.
.. oder anders ausgedrückt:
Steht die Außenwand eines Hauses, die der Eigentümer mit einer Wärmedämmung versehen will, an der Grundstücksgrenze, führt die Anbringung der Wärmedämmung zwangsläufig zu einem Überbau auf das Nachbargrundstück. Strittig war bisher, ob und unter welchen Voraussetzungen der Eigentümer des betroffenen Nachbargrundstücks dulden muss, dass sich die Wärmedämmung des Nachbarhauses auf seinem Grundstück befindet. So hat z. B. das OLG Karlsruhe entschieden, dass ein Hauseigentümer seine Außenwand nicht dämmen darf, wenn die Dämmplatten (hier: 15 cm) in den Luftraum des Nachbargrundstücks ragen (OLG Karlsruhe, Urteil v. 9.12.2009, 6 U 121/09, NZM 2010, 176).
Änderung der Rechtslage
Diese Rechtslage steht jedoch in Widerspruch zu den klimapolitischen Zielen, durch Energiesparmaßnahmen den Ausstoß schädlicher Emissionen zu verringern und die Ressourcen zu schonen. Daher hat der Bayerische Landtag mit Wirkung zum 1.1.2012 zwei gesetzliche Neuregelungen verabschiedet. Danach ist ein Grundstückseigentümer zum Einen unter bestimmten Voraussetzungen zur Duldung des durch eine Wärmedämmung entstandenen Überbaus verpflichtet. Zum Anderen muss er auch das Betreten seines Grundstücks zum Zwecke der Anbringung der Wärmedämmung gestatten (Art. 46 a, 46 b Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch - AGBGB). Entgegenstehende Urteile sind daher jedenfalls in Bayern nicht mehr einschlägig.
Voraussetzung ist, dass durch die Wärmedämmung die Nutzung des Nachbargrundstücks nicht oder nur geringfügig beeinträchtigt wird und eine vergleichbare Wärmedämmung auf andere Weise als durch eine Außendämmung mit vertretbarem Aufwand nicht vorgenommen werden kann.
Überbaurente
Als Ausgleich für den Überbau kann der Nachbar eine Geldrente (sog. Überbaurente) verlangen. Die Höhe der Rente wurde gesetzlich leider nicht geregelt. Bemessungsgrundlage ist der Verkehrswert des überbauten Grundstücksteils im Zeitpunkt der Grenzüberschreitung.
Zur Anbringung der Wärmedämmung muss der Nachbar das Betreten seines Grundstücks gestatten und grundsätzlich auch dulden, dass dort zur Durchführung der Arbeiten, z. B. ein Gerüst aufgestellt wird. Dies gilt nicht für Eigentümer öffentlicher Verkehrsflächen.
Anzeige- und Entschädigungspflicht
Die Absicht, das Nachbargrundstück zu betreten und dort Arbeiten auszuführen sowie die Art und die Dauer der Arbeiten muss dem Nachbarn mindestens einen Monat vor deren Beginn angezeigt werden. Kommt es zu Schäden am Eigentum des Nachbarn, kann der Nachbar ohne Rücksicht auf ein etwaiges Verschulden Schadenersatz verlangen. Die Nutzung seines Grundstücks zum Zwecke der Anbringung der Wärmedämmung muss der Nachbar entschädigungslos nur maximal eine Woche dulden. Danach hat er Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung.
.. und Bayern hat hier seine Hausaufgaben gemacht (ab 01.01.2012):
Neuregelungen im Bayerischen Nachbarrecht zum Überbau durch Wärmedämmung und zum Hammerschlags- u. Leiterrecht. Mit Wirkung zum 01.01.2012 wurden die in den Art. 43 ff des Bayerischen AGBGB niedergelegten privatrechtlichen Vorschriften des Nachbarrechts durch zwei wesentliche Neuregelungen ergänzt.
Art. 46a ABGBG (Bayern) enthält nunmehr eine Bestimmung, wonach der Nachbar den Überbau der Grundstücksgrenze durch Wärmedämmungsmaßnahmen dulden muss,
- soweit dadurch die Nutzung seines Grundstücks nicht oder nur geringfügig beeinträchtigt und eine zulässige beabsichtigte Nutzung des Grundstücks nicht behindern,
- die Vereinbarkeit der Wärmedämmung mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften – insbesondere den Regelungen des Baurechts – gewährleistet wird und
- eine vergleichbare Wärmedämmung auf andere Weise als durch eine Außendämmung mit vertretbarem Aufwand nicht vorgenommen werden kann.
- die mit der Duldung verbundenen Nachteile oder Belästigungen nicht außer Verhältnis zu dem von dem Berechtigten erstrebten Vorteil stehen und
- das Vorhaben öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht widerspricht.
Die Absicht, das Hammerschlags- und Leiterrecht auszuüben, sowie Art und Dauer der Arbeiten sind mindestens einen Monat vor deren Beginn dem Eigentümer und Nutzungsberechtigten des betroffenen Grundstücks von dem die Arbeiten veranlassenden Eigentümer oder Nutzungsberechtigten anzuzeigen.Ein Schaden, der bei der Ausübung der obigen Rechte nach dem Eigentümer oder Nutzungsberechtigten des betroffenen Grundstücks entsteht, ist zu ersetzen.
Auf Verlangen ist Sicherheit in Höhe des voraussichtlichen Schadensbetrags zu leisten.Wird das Nachbargrundstück länger als eine Woche benutzt, ist für die gesamte Zeit der Benutzung eine Entschädigung in Höhe der ortsüblichen Miete für einen dem benutzten Grundstücksteil vergleichbaren gewerblichen Lagerplatz zu zahlen.
.. oder anders ausgedrückt:
Nachbar muss Wärmedämmung dulden
Neues Gesetz seit 1.1.2012
Neues Gesetz seit 1.1.2012
Steht die Außenwand eines Hauses, die der Eigentümer mit einer Wärmedämmung versehen will, an der Grundstücksgrenze, führt die Anbringung der Wärmedämmung zwangsläufig zu einem Überbau auf das Nachbargrundstück. Strittig war bisher, ob und unter welchen Voraussetzungen der Eigentümer des betroffenen Nachbargrundstücks dulden muss, dass sich die Wärmedämmung des Nachbarhauses auf seinem Grundstück befindet. So hat z. B. das OLG Karlsruhe entschieden, dass ein Hauseigentümer seine Außenwand nicht dämmen darf, wenn die Dämmplatten (hier: 15 cm) in den Luftraum des Nachbargrundstücks ragen (OLG Karlsruhe, Urteil v. 9.12.2009, 6 U 121/09, NZM 2010, 176).
Änderung der Rechtslage
Diese Rechtslage steht jedoch in Widerspruch zu den klimapolitischen Zielen, durch Energiesparmaßnahmen den Ausstoß schädlicher Emissionen zu verringern und die Ressourcen zu schonen. Daher hat der Bayerische Landtag mit Wirkung zum 1.1.2012 zwei gesetzliche Neuregelungen verabschiedet. Danach ist ein Grundstückseigentümer zum Einen unter bestimmten Voraussetzungen zur Duldung des durch eine Wärmedämmung entstandenen Überbaus verpflichtet. Zum Anderen muss er auch das Betreten seines Grundstücks zum Zwecke der Anbringung der Wärmedämmung gestatten (Art. 46 a, 46 b Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch - AGBGB). Entgegenstehende Urteile sind daher jedenfalls in Bayern nicht mehr einschlägig.
Voraussetzung ist, dass durch die Wärmedämmung die Nutzung des Nachbargrundstücks nicht oder nur geringfügig beeinträchtigt wird und eine vergleichbare Wärmedämmung auf andere Weise als durch eine Außendämmung mit vertretbarem Aufwand nicht vorgenommen werden kann.
Überbaurente
Als Ausgleich für den Überbau kann der Nachbar eine Geldrente (sog. Überbaurente) verlangen. Die Höhe der Rente wurde gesetzlich leider nicht geregelt. Bemessungsgrundlage ist der Verkehrswert des überbauten Grundstücksteils im Zeitpunkt der Grenzüberschreitung.
Zur Anbringung der Wärmedämmung muss der Nachbar das Betreten seines Grundstücks gestatten und grundsätzlich auch dulden, dass dort zur Durchführung der Arbeiten, z. B. ein Gerüst aufgestellt wird. Dies gilt nicht für Eigentümer öffentlicher Verkehrsflächen.
Anzeige- und Entschädigungspflicht
Die Absicht, das Nachbargrundstück zu betreten und dort Arbeiten auszuführen sowie die Art und die Dauer der Arbeiten muss dem Nachbarn mindestens einen Monat vor deren Beginn angezeigt werden. Kommt es zu Schäden am Eigentum des Nachbarn, kann der Nachbar ohne Rücksicht auf ein etwaiges Verschulden Schadenersatz verlangen. Die Nutzung seines Grundstücks zum Zwecke der Anbringung der Wärmedämmung muss der Nachbar entschädigungslos nur maximal eine Woche dulden. Danach hat er Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung.