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Dienstag, 4. Oktober 2011

Grundstücksrecht: Auch im Zweifelsfall Aufklärung durch den Verkäufer

Klärt der Verkäufer über einen objektiv wesentlichen Sachmangel nicht auf, weiß er nicht, ob dieser für die Kaufentscheidung des Käufers bedeutsam ist oder nicht. Maßgeblich ist allein, ob ein verständiger Verkäufer damit rechnen muss, dass der verschwiegene Mangel Einfluss auf die Entscheidung des Käufers hat. Dann ist der Mangel unabhängig von seinem tatsächlichen Einfluss auf den Kaufentschluss wesentlich und der Verkäufer zur Offenbarung verpflichtet. Unterlässt er dies, kann sich der Käufer wegen arglistiger Täuschung vom Kaufvertrag lösen. Im vorliegenden Fall hatte der Käufer als Baulast die Verpflichtung des jeweiligen Eigentümers übernommen, das von ihm gekaufte Gebäude entsprechend einem zuvor gestellten Bauantrag umzubauen, künftig seinen Gestaltwert in der dann bestehenden Form zu unterhalten und alle weiteren Baumaßnahmen in Abstimmung mit der Baubehörde so zu planen, dass der Gestaltwert für die Kulturlandschaft nicht beeinträchtigt werde. Der Verkäufer hatte hierüber nicht aufgeklärt; im notariellen Kaufvertrag fand sich auch kein Hinweis hierauf. Der Käufer hätte den Kaufvertrag auch bei Kenntnis der Baulast geschlossen. Eine solche Baubeschränkung stellt - so der BGH - einen wesentlichen Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 BGB dar. Davon sei auch auszugehen, wenn der Käufer den Vertrag in Kenntnis des Mangels ebenfalls geschlossen hätte und dieser damit nicht ursächlich für seinen Kaufentschluss geworden ist. Nach der Verkehrsanschauung kann kein Zweifel daran bestehen, dass die durch die Baulast gesicherte Baubeschränkung angesichts des unrenovierten, nach Nutzungsänderung noch umzubauenden und zudem in Wohnungseigentum aufgeteilten Hauses einen wesentlichen Mangel darstellt.

Praxistipp

Baulasten sind auf einem Grundstück liegende öffentlich-rechtliche Beschränkungen, die beim Kauf auf den Käufer von Gesetzes wegen übergehen. Dies ist oftmals auch einem Verkäufer nicht bewusst, der dann aufgrund Nichtwissens keinen Anlass sieht, diesbezüglich Nachforschungen zu betreiben. Wie kann sich ein Käufer schützen? Er sollte beim Kauf von Immobilien stets eine Auskunft aus dem Baulastenverzeichnis einholen, um unliebsame Überraschungen vermeiden. Dies kann das beauftragte Notariat übernehmen. Sämtliche Baulasten sollten im notariellen Kaufvertrag im Einzelnen benannt werden oder aber zumindest Bezug auf eine vorliegende Auskunft aus dem Baulastenverzeichnis genommen werden.

Autor: Frank U. Schuster - schuster@bethgeundpartner.de
Fundstelle: BGH, Beschluss vom 15. Juli 2011, V ZR 171/10 - www.bundesgerichtshof.de

Quelle: http://www.bethgeundpartner.de