.
.
.

Montag, 31. Oktober 2011

Baupreise explodieren

Wer in naher Zukunft ein Haus bauen will, muss mit steigenden Preisen rechnen. Davon jedenfalls ist der Baugewerbeverband Schleswig-Holstein (BGV) überzeugt. Er schätzt, dass sich die Kosten für den Hausbau in den kommenden Monaten um fünf bis sechs Prozent erhöhen werden. Der Grund dafür seien die seit Jahresbeginn deutlich gestiegenen Baustoffpreise. Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes ist Baustahl durchschnittlich 15 Prozent teurer geworden, bei Dieselkraftstoff waren es 14 Prozent. Der Preis für Holzprodukte stieg um fünf bis zwölf Prozent, und für mineralische Werkstoffe wie Beton, Zement und Gips müssen Bauunternehmer ein bis drei Prozent mehr zahlen.

"Was in diesem Jahr bei den Roh- und Baustoffen abgeht, kann ein Unternehmer nicht mehr allein schultern", sagt der BGV-Vorsitzende Thorsten Freiberg. Zumal auch die Tariflöhne im Baugewerbe um drei Prozent angehoben worden seien. 2012 sollen sie noch einmal um 2,3 Prozent steigen. Freiberg: "Wer wirtschaftlich und im Verantwortungsbewusstsein für die Arbeitsplätze in seinem Unternehmen agieren will, muss fast zwangsläufig die Preise erhöhen."

So geht es auch Bauunternehmer Hans Friedrich Hoffmann aus Reinfeld. Der 61-Jährige ist Chef der ältesten Stormarner Baufirma und hat 43 Mitarbeiter. Er sagt: "Der Preisanstieg ist nicht auf einzelne Baustoffe beschränkt, sondern er erstreckt sich über alle Produkte. Ich weiß im Moment nicht, wo das noch hinführen soll." Insbesondere der Stahlpreis bereite ihm schon seit längerem Probleme. Hoffmann: "Er ändert sich täglich. Ich kann überhaupt nicht mehr sagen, welchen Stahlpreis wir zum Beispiel in einer Woche haben werden." Zurzeit müsse er rund 700 Euro pro Tonne bezahlen, vor einem Monat seien es noch sieben bis acht Prozent weniger, also etwa 650 Euro, gewesen. Hinzu komme die Mehrwertsteuer.

"Der Stahlpreis von gestern gilt schon morgen nicht mehr", sagt Hoffmann. Wenn er einen Auftrag hereinbekomme, müsse er den aktuellen Preis sofort bestätigen und festschreiben lassen. Denn wenn das Bauvorhaben zwei bis drei Monate später umgesetzt werde, könne der Baustahl bereits 100 bis 200 Euro teurer sein. Auch für Kalksandstein und Gasbeton würden seit Jahresbeginn etwa fünf Prozent mehr fällig werden.

Im Vergleich zum Mai 2011 müsse er deshalb zurzeit sieben bis neun Prozent mehr von seinen Kunden verlangen. Die Preisentwicklung lasse sich an einem Doppelhaus veranschaulichen, das seine Firma zurzeit in einem Neubaugebiet in der Gemeinde Wesenberg im Ortsteil Stubbendorf baut. Als im Juli dieses Jahres mit dem Bau begonnen worden sei, habe der Preis für eine Doppelhaushälfte noch bei 140 000 Euro gelegen. Inzwischen sei er auf 150 000 Euro gestiegen. Denn seine Firma könne zwar den Preis für Stahl festschreiben lassen, aber nicht den für die anderen Materialien. Hoffmann: "Und mit absoluter Sicherheit werden wir unsere Preise bald noch weiter erhöhen müssen. Denn für fast alle Baustoffe sind zum Jahreswechsel weitere Preiserhöhungen um fünf Prozent angekündigt."

Der Bauunternehmer hat auch einen Grund für den starken Preisanstieg ausgemacht. "Das Problem ist, dass es keine Vielfalt mehr bei den Anbietern gibt. Viele Baustoffhändler haben eine Monopolstellung", sagt Hans Friedrich Hoffmann. "Wenn ich zum Beispiel Kalksandstein brauche, kann ich den in Schleswig-Holstein nur bei einer Firma kaufen. Ich habe also keine Möglichkeit, mehrere Angebote einzuholen und dann auf dieser Grundlage zu handeln."

Den Baustoff bei einem Händler aus einem anderen Bundesland zu bestellen, mache aus logistischen Gründen keinen Sinn. "Die Transportkosten wären viel zu hoch", sagt der Reinfelder. Auch helfe es nicht, bei zu hohen Forderungen auf Gasbeton umzusteigen. Denn der Baustoff werde von demselben Händler verkauft.

Obwohl der 61-Jährige bereits seit mehreren Jahrzehnten im Geschäft ist, habe er so einen Preisanstieg bei den Baustoffen bisher noch nicht erlebt. Er sagt: "Früher hatten wir nur mal hohe Lohnsteigerungen von sieben bis acht Prozent innerhalb eines Jahres, die uns hart getroffen haben. Aber bei den Baustoffen war es nicht so schlimm."

Bisher habe die Nachfrage nicht unter dem Preisanstieg gelitten. Der Bauunternehmer vermutet, dass das der günstigen Zinslage zu verdanken ist. Die Zinsen für Baugeld liegen derzeit bei durchschnittlich etwa 3,5 Prozent. "Wenn sie jetzt allerdings steigen würden, wäre das der Super-Gau."

Quelle: www.abendblatt.de