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Freitag, 2. Dezember 2011

Welle von Kreditverkäufen wird für 2012 erwartet !

Für 2012 kündigt sich eine neue Welle von Kreditverkäufen in Deutschland an. Das Transaktionsvolumen dürfte dabei voraussichtlich weit über den Werten aus den Boom-Jahren vor der Krise liegen. Grund für den erwarteten Boom: Angesichts gestiegener Eigenkapitalanforderungen suchen die Banken nach Wegen, ihre Bilanzsummen zu reduzieren – und werden dabei zunehmend auch den Verkauf notleidender Kredite sowie von non-core Krediten (Kreditportfolios, die nicht mehr zum Kerngeschäft zählen) ins Auge fassen. Das ist das Ergebnis des European Non-Performing Loan Reports 2011 von Ernst & Young. „Für den Anstieg der Kreditportfolio-Deals in Deutschland spricht unter anderem das enorme Marktpotenzial“, sagt Daniel Mair, Partner bei Ernst & Young und Mitverfasser der Studie. Auf rund 750 Milliarden Euro schätzt er die Größe des Markts.

Die prognostizierte Entwicklung wird begünstigt durch zwei maßgebliche Treiber: Einerseits hat die Zurückhaltung der vergangenen Jahre, als krisenbedingt kaum Kreditportfolio-Deals getätigt wurden, zu einem Angebotsstau geführt. Dieser betrifft insbesondere die so genannten Non-Performing Loans (NPLs), also notleidenden Problemportfolios vorwiegend aus der Immobilienfinanzierung. „Wir sehen aktuell ein Markpotenzial von 250 Milliarden Euro bei NPLs in Deutschland. Das sind rund 20 Prozent mehr als im vergangenen Jahr“, so Nora von Obstfelder, Senior Manager bei Ernst & Young und ebenfalls Autorin der Studie. Hinzu kämen andererseits aber auch gesunde Kredite – ein Marktsegment, das bislang nur punktuell eine Rolle gespielt habe, den Markt aber künftig sogar dominieren werde.

Regulierung des Finanzmarkts als neue Variable

Unabhängig von der Schuldenkrise laufen in den Banken bereits seit längerem die Vorbereitungen auf die neuen Eigenkapital- und Liquiditätsvorschriften gemäß Basel III.

Die Basel-III-Regelung sieht unter anderem eine deutlich höhere harte Kernkapitalquote der Banken vor. Jüngst wurde beim EU-Gipfel zur Schuldenkrise sogar eine nochmals höhere harte Kernkapitalquote gefordert. Um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden, werden viele Institute ihre Bilanzsumme reduzieren, indem sie beispielsweise Kredite veräußern. „Wir haben die Banken bei der Definition ihrer Strategien begleitet und sehen noch weitere Aktivitäten zur Neuausrichtung, die getätigt werden müssen. Entsprechend überprüfen sie ihre Aktivitäten, sowohl im Hinblick auf Geschäftsbereiche als auch geografische Regionen, in denen Investments finanziert werden“, beobachtet Ana-Cristina Grohnert, Managing Partner bei Ernst & Young. Hieraus folge, dass voraussichtlich künftig auch Kredite abgestoßen werden, die zwar vertragsgemäß bedient werden, aber nicht mehr der strategischen Ausrichtung der Bank entsprechen.

„Wenn beispielsweise ganze Geschäftsbereiche keinen Platz mehr bei der strategischen Neuausrichtung haben, stehen solche Geschäftsbereiche zunehmend zur Disposition“, sagt Grohnert. Entsprechend könne auch bei Immobilienkrediten abseits von Problemportfolios das Transaktionsvolumen spürbar steigen. „Bei der Immobilienfinanzierung konzentrieren sich viele Banken gegenwärtig auf ihre Heimatländer. Folglich können durchaus auch gesunde Kreditportfolios auf den Markt kommen, sofern sie nicht länger der Länderstrategie eines Instituts entsprechen“, so Mair. Er sieht abseits der klassischen NPLs ein zusätzliches Marktpotenzial von 500 Milliarden Euro in Deutschland.

In welchem Maße sich das Gesamtpotenzial von entsprechend 750 Milliarden Euro in tatsächlichen Deals niederschlage, sei nur schwer abzuschätzen. „In der Boomzeit vor der Krise lag das Transaktionsvolumen bei etwa 20 Prozent des damaligen NPL-Marktpotenzials“, verweist von Obstfelder auf das Pendant der aktuellen Studie von Ernst & Young aus dem Jahr 2008. Da das heutige Marktpotenzial um ein Vielfaches höher liege, sei wahrscheinlich, dass auch das Transaktionsvolumen deutlich ansteige.

Preisvorstellungen nähern sich an
Ein weiterer Indikator dafür, dass es 2012 zu einer Welle neuer Transaktionen kommt: Nachdem die Marktaktivitäten in den vergangenen Jahren schwach ausgefallen seien, hofften viele Akteure zuletzt noch auf Schnäppchen – meist vergebens. „Die Preisvorstellungen der Käufer lagen durchschnittlich 10 bis 20 Prozent unter den Verkaufsvorstellungen. Aktuell steigt aber die Bereitschaft, sich gegenseitig eine Brücke zu bauen“, sagt von Obstfelder. Denn beide Seiten stünden unter Druck: Der Druck der Banken rühre vom Restrukturierungszwang, die Käuferseite unterliege einem zunehmenden Anlagedruck bereits eingesammelter Gelder.

„Es gibt ausreichend Investoren, die an Kreditportfolios interessiert sind“, fasst Daniel Mair zusammen. Der deutsche Markt warte lediglich noch auf die ersten „Eisbrecher-Transaktionen“. Im Ausland – beispielsweise in Großbritannien – sei der Markt bereits wieder in Gang gekommen, und es sei nur eine Frage, bis Deutschland nachziehe. Hierbei sei zu bedenken, dass die Vorbereitung von Kreditportfolio-Transaktionen vergleichsweise komplex und zeitintensiv sei. Falle in Deutschland Anfang 2012 auf breiter Front der Startschuss, würde das Gros der Transaktion voraussichtlich erst ab der zweiten Jahreshälfte abgeschlossen.

Quelle: www.kon-ii.de