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Donnerstag, 24. Januar 2013

Wann kann ein Zahlungsverzug eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen?

Der Entscheidung des BGH vom 10.10.2012 – Az. VIII ZR 107 / 12 - lag folgender Sachverhalt zu Grunde:


Mit Schreiben vom 12.01.2010 kündigten die Vermieter das Mietverhältnis fristgemäß, weil der beklagte Mieter zu diesem Zeitpunkt die Miete für den laufenden Monat noch nicht gezahlt hatte. Der BGH vertrag die Auffassung, dass die Kündigung vom 12.11.2010 unwirksam war, weil die Zahlungsrückstände des Mieters die ordentliche Kündigung des rechtfertigen, wenn sie den Betrag einer Monatsmiete nicht übersteigen und im Zeitpunkt der Kündigung weniger als einen Monat angedauert haben.

Zum Hintergrund:

In der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der mietrechtlichen Literatur ist streitig, wie hoch ein vom Mieter verschuldeter Zahlungsrückstand sein und wie lange er angedauert haben muss, um die ordentliche Kündigung zu rechtfertigen.

Nach einer Auffassung soll den für die fristlose Kündigung festgelegten Voraussetzungen eine allgemeingültige Bedeutung beikommen. Deshalb setze eine auf Zahlungsverzug gestützte ordentliche Kündigung voraus, dass sich der Mieter mit einem Betrag in Höhe von zwei vollen Monatsmieten oder für zwei aufeinander folgende Monate mit einem nicht unerheblichen Teil der Miete in Verzug befinden müsse.

Nach der gegenteiligen Auffassung kommt auch bei einem Zahlungsverzug unterhalb dieser Schwelle eine ordentliche Kündigung in Betracht. Dabei werden an die Höhe des Rückstands und die Dauer des Verzugs unterschiedliche Anforderungen gestellt. Teilweise soll jeder Zahlungsverzug zur Kündigung berechtigen, soweit es sich nicht um einen solchen handelt, der auch bei jedem gutwilligen Vertragspartner einmal auftreten könne und zu einer kurzfristigen Störung des Vertragsverhältnisses führe; auch Rückstände unterhalb einer Monatsmiete und einer Verzugsdauer unterhalb eines Monats werden gelegentlich als ausreichend angesehen. Überwiegend wird jedoch eine erhebliche Pflichtverletzung erst beim Rückstand mit einer Monatsmiete und der Verzugsdauer von mindestens einem Monat angenommen.

So auch der BGH:

Der Auffassung, dass auch unterhalb der gesetzlich festgelegten Grenzen eine ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs möglich sei, gebühre der Vorzug. Die fristlose Kündigung setze voraus, dass dem Vermieter unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls die Fortsetzung des Vertrags nicht bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist zugemutet werden könne. Demgegenüber knüpfe die ordentliche Kündigung an eine nicht unerhebliche Vertragsverletzung des Mieters an, die dem Vermieter die Lösung vom Vertrag nur unter Beachtung gesetzlicher oder vereinbarter Kündigungsfristen erlaube. Angesichts dieser unterschiedlichen Anforderungen an die fristlose und die ordentliche Kündigung bestehe kein Grund, die vom Gesetzgeber für die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs festgelegten Grenzen auf die ordentliche Kündigung zu übertragen. Nicht jeder geringfügige oder nur kurzfristige Zahlungsverzug rechtfertige die Annahme einer nicht unerheblichen Pflichtverletzung. In Anlehnung an die wohl überwiegend vertretene Auffassung erschien dem Senat die Erheblichkeitsgrenze nicht überschritten, wenn der Rückstand eine Monatsmiete nicht übersteigt und zudem die Verzugsdauer weniger als einen Monat beträgt.

Im streitigen Fall befand sich der Beklagte im Zeitpunkt der Kündigung vom 12.11.2010 mit der Miete für November neun Tage im Verzug, so dass die Grenze zur nicht unerheblichen Pflichtverletzung noch nicht überschritten war.

Leitsatz I der Entscheidung des BGH vom 10.10.2012 lautet demnach folgerichtig:

Eine ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs ist auch unterhalb der für die fristlose Kündigung geltenden Grenze des § 543 Absatz II Nr. 3 BGB möglich. Eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung des Mieters liegt jedoch nicht vor, wenn der Mietrückstand eine Monatsmiete nicht übersteigt und die Verzugsdauer weniger als einen Monat beträgt.

Die Auffassung des BGH erscheint konsequent und angemessen, auch wenn die Grenzziehung (Mietrückstand mindestens eine Monatsmiete und Verzugsdauer weniger als einen Monat) zwangsläufig etwas willkürlich erscheint.